Apollo-Programm: Der Schritt des Menschen ins All

Apollo-Programm: Der Schritt des Menschen ins All
Apollo-Programm: Der Schritt des Menschen ins All
 
Die Zeit: 22 Uhr und 56 Minuten Eastern Daylight Time des 20. Juli 1969; der Ort: Erdmond, am südwestlichen Rande des Mare Tranquillitatis. Neil A. Armstrong, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, setzt als erster Mensch seinen Fuß auf einen fremden Himmelskörper. Von der letzten Stufe der Trittleiter seiner Mondfähre auf die Oberfläche des Erdtrabanten springend, wählt er als Botschaft an die Millionen Menschen, die durch das Fernsehen Zeugen dieses Ereignisses werden, die Worte: »Dies ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, doch ein großer Sprung für die Menschheit.«
 
Er betritt einen wahrhaft ungastlichen Ort. Menschen können dort nur mithilfe hoch entwickelter Technik überleben: Raumanzüge schützen vor den Temperaturextremen und dem Vakuum und versorgen ihre Insassen mit Atemluft. Armstrong und Edwin E. Aldrin, der als Zweiter die Mondfähre »Eagle« verlässt, finden die sprichwörtliche Mondlandschaft, eine öde, staubige, mit Felsgestein und kleinen Kratern übersäte Ebene, vor. Beide Astronauten berichten, dass Bewegungen bei einem Sechstel der Erdschwere zwar leicht, doch ungewohnt seien. Hastig sammeln sie einige Bodenproben und etwas Mondgestein ein, das zwar für Wissenschaftler wichtige Informationen über die Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems, ansonsten aber, wie sich zeigen wird, wenig Überraschendes birgt. Die beiden Amerikaner installieren dann noch ein paar wissenschaftliche Instrumente, pflanzen die Flagge ihres Landes auf, machen Fotos und Filmaufnahmen und steigen nach 2 Stunden und 35 Minuten wieder in die Mondfähre. Diese bringt sie zunächst in eine Mondumlaufbahn, wo sie wieder an das Apollo-11-Mutterschiff andocken, das inzwischen von Michael Collins allein gesteuert worden ist. Mit der Zündung des Haupttriebwerks treten sie die Rückkehr zur Erde an, wo die Mannschaftskapsel des Apollo-Kommandomoduls nach einer Reise von fast 1 Million Kilometern von Fallschirmen abgebremst im Pazifischen Ozean niedergeht. Damit ist der Hauptzweck dieser ersten Mondexpedition erfüllt: Der Nachweis ist erbracht, dass der Mond erreicht und die Besatzung wohlbehalten zurückgebracht werden kann.
 
Es folgen in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren noch sieben weitere Apollo-Missionen. Sechs erreichen den Mond an unterschiedlichen Stellen; sie führen zunehmend umfangreichere und kompliziertere Aufgaben durch. Eine der Expeditionen, Apollo 13, endet infolge der Explosion eines Treibstofftanks während des Hinflugs beinahe in einer Katastrophe. Nur ihrer eigenen Umsicht und Tatkraft verdankt die Besatzung die letztlich glückliche Rückkehr.
 
 Der Beginn einer neuen Ära
 
Das Bild des Astronauten, auf dem Mond vor der amerikanische Flagge salutierend, war von kaum zu übertreffender Symbolik. Doch das öffentliche Interesse erlahmte erstaunlich rasch im weiteren Verlauf des Programms. Apollo erreichte seinen Höhepunkt zu einer Zeit, als andere Ereignisse die Aufmerksamkeit der Menschen nicht nur in den USA stärker bewegten: Rassenunruhen und brennende Städte, Morde an politischen und religiösen Führern sowie ein immer mehr als sinnlos empfundener Krieg in Südostasien.
 
Um Apollo zu würdigen, muss man es als ein politisch motiviertes Unternehmen mit vorwiegend symbolischem Charakter sehen. Das Mondlandeunternehmen war im Ergebnis dem Zusammentreffen von zwei außerordentlichen Faktoren zu verdanken: zuvorderst einer technologischen und organisatorischen Großtat von nicht gekanntem Ausmaß und Schwierigkeitsgrad, welche die materiellen Ressourcen und intellektuellen Kräfte einer großen Nation mobilisierte und in einem gleichermaßen ehrgeizigen wie mitreißenden Projekt bündelte, zum anderen einer weltpolitischen Situation, die in den Augen der USA eine entschlossene Antwort auf eine als bedrohlich empfundene Herausforderung notwendig machte.
 
Blenden wir zurück: Am 4. Oktober 1957 gelang es der damaligen Sowjetunion, Sputnik 1, eine 83,6 kg schwere Aluminiumkugel von 50 cm Durchmesser, in eine Erdumlaufbahn zu befördern. Dieses Ereignis wurde zu Recht allgemein als technische Meisterleistung wie auch als der Beginn einer neuen Ära, des Weltraumzeitalters, gefeiert. Von allerdings noch größerer Wirkung war es als anscheinend gelungener propagandistischer Überraschungscoup im Kalten Krieg, mit der Absicht, die USA auf dem scheinbar ihnen gehörendem Terrain der Raketentechnik herauszufordern. Dem Sputnik-Paukenschlag gesellten sich in rascher Folge weitere Weltraumerfolge der Sowjetunion hinzu, insbesondere der erste Weltraumflug eines Menschen, des Sowjetbürgers Jurij Gagarin, im April 1961. Präsident John F. Kennedy und viele seiner Berater befürchteten zu jener Zeit, dass die Sowjetunion durch ihre Weltraumerfolge einen entscheidenden Vorteil im Ringen der beiden Supermächte um Vorherrschaft in der Welt erlangen könnte. Es waren solche Überlegungen, die Kennedy bewogen, im Jahre 1961 seiner Nation das Ziel zu setzen, »noch vor Ende des Jahrzehnts Menschen auf den Mond und sicher zurück zu bringen«.
 
Politisch war das Apollo-Programm ein Erfolg. Die nun erreichte technologische Vorherrschaft der Vereinigten Staaten im Weltraum stützte sich auf die Hardware und die Fähigkeiten, welche die USA im Verlauf des Apollo-Projekts entwickelt hatten. Die Sowjetunion, die zuerst den Fehdehandschuh geworfen und dann das »Wettrennen zum Mond« angenommen hatte, war klar abgeschlagen.
 
Weniger günstig waren die langfristigen Auswirkungen von Apollo auf das amerikanische Weltraumprogramm. Für einige Raumfahrtenthusiasten war der weitere Weg nach Apollo schon klar vorgezeichnet: Das nächste Ziel in der Erkundung des Sonnensystems durch Menschen sollte der Planet Mars sein. Die Prioritäten der politischen Führung hatten sich jedoch inzwischen verschoben. Selbst der Apollo-Glanz konnte Präsident Nixon wie auch die breite amerikanische Öffentlichkeit nicht davon überzeugen, enorme Summen Geldes für ein aggressives Programm der bemannten Erkundung des Mars bereitzustellen. Das bemannte Raumfahrtprogramm wurde auf stark reduziertem Niveau weitergeführt; ein neuer, wenngleich wesentlich bescheidenerer Erfolg stellte sich erst zehn Jahre später mit dem Erstflug des Spaceshuttle im Jahre 1982 ein. Die Sowjetunion konzentrierte sich in jener Zeit auf den Bau und Betrieb von Raumstationen im erdnahen Weltraum. Auf ihnen lernten die Kosmonauten, unter den schwierigen Bedingungen eines Weltraumaufenthalts für Zeiträume von bis zu einem Jahr und länger dort zu leben und zu arbeiten.
 
 Die Raumfahrt zum Ende des Ost-West-Konflikts
 
Die 80er-Jahre sahen im weiteren Verlauf zwei ganz unterschiedliche Entwicklungen. Zum einen wurde die Raumfahrttechnik immer wichtiger für alltägliche Bedürfnisse wie etwa weltumspannende Kommunikation über Satelliten oder Wetterbeobachtung aus dem All. Daneben erhielten Bestrebungen Auftrieb, den Weltraum stärker für militärische Zwecke zu nutzen. Auf amerikanischer Seite wurde mit dem Projekt eines Schutzschildes im Weltraum gegen feindliche, nuklear bestückte Interkontinentalraketen unter der Bezeichnung »Strategic Defense Initiative« begonnen. Führte dies auch nicht zu einem einsatzbereiten militärischem System, so bewirkte es doch einen Technologieschub, der zwei Ergebnisse zeitigte: Die amerikanische Vorherrschaft in der Weltraumtechnik wurde weiter gefestigt und ausgebaut, woraus bis heute Vorteile gerade auch in kommerziell bedeutenden Bereichen der Raumfahrt gezogen werden. Darüber hinaus konnte die Sowjetunion in dieser von den USA absichtsvoll aufwendig angelegten Rüstungsspirale nicht mithalten. Manche glauben, zum Zusammenbruch des Herrschaftssystems dort habe neben den politischen und gesellschaftlichen Widersprüchen auch die wirtschaftliche Überbeanspruchung durch das Wettrüsten im Weltraum beigetragen.
 
Das Losungswort der Weltraumpolitik der 90er-Jahre lautet Zusammenarbeit auch und gerade der einstigen Gegner. Seinen sichtbarsten Ausdruck findet dies bei der geplanten Errichtung einer ständig bewohnten, großen internationalen Raumstation. Die ersten Elemente starteten noch 1998, nach sechs Jahren sukzessiven Aufbaus soll sie 2004 ihre endgültige Gestalt gefunden haben. Sie stellt wie die Mondlandung nur einen weiteren Schritt dar in der Entdeckungsgeschichte der Menschheit - auf dem langen Weg hinaus ins All.
 
Dr. Jens Fromm

Universal-Lexikon. 2012.

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